Was mir hier wirklich gut gefällt, ist wie offen und freundlich die Leute auf mich zukommen. Das mag oberflächliche Offenheit sein, aber es tut einfach gut, freundlich empfangen zu werden. Gestern ist mir der Unterschied besonders aufgefallen. Ich war im Mill City Museum, einem Museum in der Ruine der einst größten Getreidemühle von Minneapolis. Dort traf ich auf drei Deutsche in meinem Alter. Es war zehn Uhr, das Museum hatte gerade aufgemacht, so früh geht kein Ami ins Museum, es waren also nur Schulklassen und wir. Im Vorbeigehen hörte ich sie deutsch sprechen, also bin ich hin und habe sie angequatscht. Es kamen nur ein paar Drei-Wort-Sätze, also habe ich gedacht „Ach, l...“. Dann in der Ausstellung der erste Volunteer (freiwilliger Helfer im Museum), ein älterer, wohlbeleibter Herr. „Oh, you´re from Germany, what´s your name? Hi, I´m Norman, I have 150 Bach CDs,...“ Ja, also das ist mir hier schon x-mal passiert. Und mit Jean in New York, da kam ständig jemand und hat sie auf ihren Minnesota-Pulli angesprochen und ein paar Wort gewechselt. Wenn ich das in Deutschland mache, gelte ich vermutlich als distanzlos und nicht ganz dicht. Aber mir gefällt´s.
Das Museum war klasse, ich konnte „erleben“ und „begreifen“. Minneaplis war die größte Mehlproduktionsstätte der Welt (Heute noch bekannt der Weltkonzern General Mills). Minneapolis ist so entstanden. Hier sind die St. Anthony Wasserfälle im Mississippi und mit ihnen wurden zunächst Sägemühlen, dann Getreidemühlen angetrieben. Dank „moderner“ Technik wurden die Mühlen immer größer und Mehl aus Minneapolis dominierte lange den Weltmarkt. In der Ruine der größten Mühle, die schon lange nicht mehr im Betrieb und vor ein paar Jahren abgebrannt ist, ist heute das Museum, das die „Mehl-Geschichte“ der Stadt erzählt. In einem Aufzug auf einer Tribüne sitzend, gab es einen Multimedia-Show auf den verschiedenen Etagen des Turmes. Mit Film-Einspielungen, Licht, Geräuschen, etc. wurde die Arbeit in der Mühle dargestellt inclusive Gefahren wie Mehlstaub-Explosion. Es gab ein Back-“Labor“, in dem die Kinder dann das Backen mit dem Mehl ausprobieren usw. Und eben diese Volunteers, die alles erklären und die man mit Fragen löchern kann. Viel gelernt habe ich in einem Film über die Stadtgeschichte von Minneapolis, den ein hier lokal bekannter, behinderter Komiker gemacht und moderiert hat. Im Unterschied zu Deutschland sind Museen hier, wie auch Theater, übrigens kaum öffentlich finanziert, sondern leben von Sponsoren und Stiftungsgeldern.
Beim Mittagessen in der Museumscafeteria habe ich mich selbstverständlich nett mit der Bedienung unterhalten, „ah, whe´re you from?...“. Ich blieb dann in der Mehl-Historie und lief den „History-Trail“ ab, eine Rundstrecke rund um die St. Anthony Falls, an den Mühlen vorbei, über die alte Eisenbahn-Transportbrücke Stone Arch Bridge, die heute eine Fußgängerbrücke ist. Es hat die ganze Zeit geregnet. Aber nur normal, und nicht mehr wie aus Eimern wie auf meinem Hinweg ins Museum. Da war ich schon dankbar. Später bevorzugte ich dann mal wieder die Skyways, wußte auch mal wieder nicht. wo ich lang muss. Ich hatte mich in einem besonders feinen Bürogebäude verlaufen (klar, sind die meisten Downtown-Gebäude, wo eben diese Skyways durchgehen), da kam schon ein Security Mensch um mir zu helfen, und Ihr könnt Euch denken, was kam „ah, whe´re you from? What´s your name? My name is Myrt, I have many friends in Germany, of course I have, I am turkish.“
Ich habe jetzt auch endlich meine Jeans, von Target, einer Art Woolworth. Nur tief verschleierte Verkäuferinnen. Jean erzählte mir, dass es hier jetzt in den Supermärkten Probleme gab mit Muslimischen Verkäuferinnen, die sich weigerten, Schweinefleisch anzufassen, und die Kunden mussten ihre Schnitzel selbst über den Scanner ziehen...
Was richtig Amerikanisches machen, nächster Teil: Bowling. Mit Jean, ihrem Bruder Forrest, seiner Tochter Sabrina, Jeans Studienkollegin Becky, die ich selbst schon aus Oberstaufen von ICASSI kenne und gerne mochte und deren Schwester Ann. Ich glaube, ich habe irgendwann schon mal gebowlt, aber wann... Jetzt während ich es schreibe, fällt´s mir ein, es war in Damp während des Praktikums. Das ist ist 9 Jahre her und damit verjährt. Meine Bowlingkünste? Sagen wir es mal so, es gibt Entwicklungsspielraum. Spaß gemacht hat es riesig. Ab zehn wurde das Licht der großen Halle gedimmt und bei fluoreszierendem Licht und Musik gebowlt, später gar mit Liveband. Glücklich und zufrieden und sehr müde sind wir nach Hause.
„Wenn wir ins ländliche Minnesota fahren, kann ich dann Indianer sehen?“ Schallendes Lachen als Antwort. „Auf dem Land nicht, aber heute beim Bowling, da kannst Du Indianer sehen.“ Keine Federn, keine Tänze, kein Kunsthandwerk. Das gibts schon auch, auf speziellen Festen. Gestern sah ich zum ersten Mal in meinem Leben Indianer. Und sie hatten kurze Haare, des Öfteren Übergewicht und spielten Bowling.
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2 Kommentare:
Deine Erfahrungen als Deutsche in Amerika habe ich eigentlich überall auf der ganzen Welt gemacht: ob in der Türkei, in Zypern, in Thailand, auf Kuba ... überall wurde ich als erstes gefragt, wo ich herkomme, und auf Kuba hat mich dann auch gleich einer auf die großen musikalischen Genies wie Bach, Beethoven usw. angesprochen. Und wer von uns Deutschen kommt schon auf die Idee, einen Ausländer bei uns anzusprechen und ihn zu fragen, wo er herkommt. Dabei ist das so ein schöner Einstieg für ein Gespräch! - Meine Mutter war als ganz junge Frau mal in Amerika und hat dort auch Indianer getroffen, von denen sie noch Fotos hat. Von da her wusste ich schon, dass das "ganz normale Menschen" sind und dass der Kopfschmuck nur noch bei Folkloreveranstaltungen für Touris eine Rolle spielt.
Sabine
Wir sind auch oft von Leuten angesprochen worden, die aus Deutschland ausgewandert waren und uns dann auf deutsch ansprachen. Mnachmal sehr überraschend. mit Claudia beim Schuhe anschauen, da raunt es aus dem Hintergrund "Sind alle um 75% reduziert". Und ganz oft hatte jemand deutsche Vorfahren, Freunde in Deutschland etc... Und dann liegt man am Lake Powell wortlos neben ner deutschen Familie, kommt nur mit Anlauf über die Kinder ins Gespräch, deutsch halt.
Welche Indianerstämme gibt es eigentlich in Minnesota?
Target kenne ich übrigens auch. Klamotten sind günstiger, aber eigentlch ist der Rest außer Jeans oft grauslich gewesen. Bin ja mal gespannt auf Deinen Bericht über Gottesdienst. War nie drin, weil weder meine Schwester noch ihr Mann religiös sind (Seans Eltern schon) LG Birgit
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